Erinnern gegen das Vergessen – der Abiturjahrgang 2025 besucht die Gedenkstätte Auschwitz
„Wer sich an die Vergangenheit nicht erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.“ (George Santayana, spanischer Philosoph und Schriftsteller)
Unter diesem Motto besuchten 36 Schülerinnen und Schüler des diesjährigen Abiturjahrgangs des Hansa-Gymnasiums Köln vom 8. - 15. Februar 2025 die Gedenkstätte Auschwitz sowie die Stadt Krakau, um sich vor Ort in besonderer Weise mit dem Holocaust auseinanderzusetzen.
Mariella Menden (Q2), 4. März 2025
Der erste Teil der Reise führte uns nach Auschwitz I, das sogenannte Stammlager. Beim Betreten des Geländes fiel uns sofort die Inschrift über dem Tor zum Lager auf: „Arbeit macht frei“ - heißt es da! Es hängt hier als ein Symbol dafür, dass an diesem Ort jegliche Menschlichkeit verloren ging. Während der Führung durch das Stammlager wurden die Zeugnisse des Holocausts erstmals nicht nur in Büchern sichtbar, sondern für uns gegenwärtig und greifbar: Berge von Schuhen, Gepäckstücke, Brillen und menschliches Haar waren hinter Glasscheiben in verschiedenen Räumen der ehemaligen Baracken aufgetürmt

Zudem konnten wir in den Fluren der einzelnen Baracken sehr viele Fotos von Häftlingen sehen, die nach ihrer Aufnahme ins Konzentrationslager Auschwitz unter Zwang von ihnen gemacht wurden. Die allermeisten haben ihre grausame Haft nicht überlebt.
Hier vor Ort hatten wir plötzlich nicht mehr nur Zahlen und Fakten im Kopf, sondern standen den Menschen gewissermaßen unmittelbar gegenüber. Das beeindruckte uns sehr. Neben den Häftlingsbaracken besuchten wir gegen Ende der dreistündigen Studienführung die einzige noch vollständig erhaltene Gaskammer von Auschwitz mit dem dazu gehörenden Krematorium.

Auschwitz II, auch das Lager Birkenau genannt, war Konzentrations - und Vernichtungslager zugleich. Es war für uns alle noch beeindruckender und die beiden Besuche deutlich intensiver als im Stammlager. Die Größe des Geländes war erschreckend: etliche Reihen von Baracken aus Holz oder Stein, die entweder noch erhalten oder dessen bauliche Reste wie Kamine und der Estrichboden von in den 60er Jahren gegossenen Fundamenten umrahmt wurden. Die während der sogenannten Ungarnaktion 1944 direkt ins das Lager Birkenau gelegten Gleise und deren Rampen wurden zum Ort der furchtbaren von SS-Ärzten durchgeführten Selektionen, durch die ankommenden Menschen so oder so ins Verderben führte. Die allermeisten dieser Menschen wurde sofort in die Gaskammern geschickt, darunter Ältere, Kranke und Kinder mit ihren Müttern - sie waren die unzähligen Opfer. Die anderen Menschen, die in das Konzentrationslager Birkenau in einer der vielen Baracken aufgenommen wurden, hatte infolge der katastrophalen hygienischen Verhältnisse, der unzureichenden Ernährung und der harten Sklavenarbeit eine durchschnittliche Überlebenschance von höchstens 2 - 3 Monaten.

Die Krematorien und die dazugehörenden Gaskammern II - V, in denen über 900.000 Menschen vergast wurden, hatte die SS Ende 1944 gesprengt, um die Spuren zu verwischen, was nicht möglich war. Sie zeigen auch als Ruinen die Dimensionen dieses gewaltigen Vernichtungsprozesses. Die Ascheseen, die am Ende des Lagers nahe der Krematorien IV und V liegen, haben besonders viele Schüler:innen berührt, denn an diesen kleinen Seen wurde die Asche aus den Krematorien – die Überreste von fast einer Millionen Menschen - entsorgt. Bis heute ist das Wasser noch getrübt von der Asche.

Neben den Besichtigungen der Konzentrationslager haben wir uns u.a. die Ausstellung „Labyrinth“ von Marian Kolodziej im Franziskanerkloster von Harmeze nahe dem Lager Auschwitz-Birkenau angesehen. Eine beeindruckende und zugleich schockierende Ausstellung eines Mannes, der 1940, im Alter von 19 Jahren als Häftling mit der Nummer 432 ins KZ Auschwitz kam und dort in verschiedenen Kommandos arbeitete.

1992 erlitt er einen Schlaganfall und begann von dort an, seine Zeit im Lager mithilfe von Zeichnungen aufzuarbeiten, um das Grauen, dem die Häftlinge ausgesetzt waren, auf erschütternde Weise zum Ausdruck bringen, um so die Erinnerung daran niemals verblassen zu lassen. Die Häftlinge sehen in seinen vielfältigen Arbeiten alle gleich aus: ausgehungert bis auf die Knochen, mit typisierten nahezu identisch wirkenden Gesichtern. Seine Werke hängen überall in der Krypta der Franziskanerkirche, selbst unter der Decke und füllen dort mehrere Räume.

Nach den vier Tagen in Oświęcim fuhren wir mit unserem Bus weiter nach Krakau. Dort besuchten wir neben den wichtigsten Sehenswürdigkeiten dieser wunderschönen, im 2. Weltkrieg nicht zerstörten Stadt vor allem das ehemalige jüdische Viertel Kazimierz. Wir sahen uns die einige der noch erhaltenen Synagogen an, besuchten den alten jüdischen Remuh-Friedhof und den neuen Jüdischen Friedhof. Unser Guide Margarete führte uns zudem auch durch das ehemalige Ghetto von Krakau - Podgorze, in dem auch die ehemalige Emaillewarenfabrik des Oskar-Schindler liegt, der 1.200 jüdischen Menschen ihr Leben rettete.

Ein besonderes Privileg war es, eine der letzten Zeitzeuginnen zu treffen: Frau Monika Goldwasser. Sie wurde 1941 als Kind ihrer jüdischen Eltern Adam und Salomea Goldwasser in der Nähe Krakaus geboren. Ihre Eltern gaben sie auf dem Land an eine polnische katholische Familie, um ihre Tochter vor den anstehenden Deportationen zu schützen. Ihre Mutter nahm bei der Deportation anstatt ihrer Tochter eine Puppe in Kinderkleidung mit, um so die Nazis zu täuschen. Auf diese Weise retteten sie Monika das Leben. Monika Goldwasser wurde adoptiert und von ihren Adoptiveltern bis Ende des Krieges versteckt gehalten. Erst später, als sie selbst schon zur Schule ging, erfuhr sie davon, dass sie gar keine Christin ist, sondern eigentlich jüdisch ist und begann, die Geschichte ihrer Eltern aufzuarbeiten. Sie versucht bis heute seit vielen Jahren, im Alter von 84 Jahren, an die Geschehnisse von damals zu erinnern. Hierfür wurde sie mit mehreren Auszeichnungen gewürdigt, u.a. dem Bundesverdienstkreuz. Ihre Stiefmutter wird in Yad Vashem in Jerusalem wegen ihres Mutes gegenüber dem NS-Regime geehrt.

Während das Leben in Krakau mit seinen fast 200.000 Studiereden und den vielen Millionen Touristen weitergeht, ist und bleibt das ehemalige deutsche Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz ein Ort des Gedenkens. Es ist die Aufgabe eines jeden von uns, dafür zu sorgen, den Holocaust niemals zu vergessen und dafür zu sorgen, dass sich die Geschichte nicht wiederholt.